Samstag, 6. November 2010

Erleuchtung und Kekse Teil 1

Manche Leute glauben, Erleuchtung würde sie ungeheuer mächtig machen. Macht sie auch. Sie macht dich zum mächtigsten Wesen im Universum - nur für gewöhnlich merkt das keiner außer dir.
Brad Warner, Hardcore Zen

Das Zitat stammt aus dem Buch, das ich gerade lese: Hardcore Zen - Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über Alles. Nun, für Punk Rock hatte ich nie viel übrig, aber Monsterfilme und die Wahrheit über Alles (und ja, auch Zen selbst) interessierten mich umso mehr.
Dass ich zudem noch das Buch im Laden an einer Stelle aufschlug, an der der Autor mit denselben Dingen hadert, wie ich gerade, nämlich der Priesterweihe, war ein ziemlicher Hinweis - neben der guten Covergestaltung (Danke, Aurum!) -  dass ich dieses Buch wohl lesen sollte.
Und siehe da, es bestätigt mir mal wieder, was ich ohnehin schon länger zu wissen befürchtete: Alle Religionen sind großer, aber bisweilen unterhaltsamer Schwachsinn. 
Wenn ein Zen-Mönch nach jahrelanger harter Praxis, in denen er hinter der Erleuchtung her jagt, letztendlich nicht mehr dabei herausholt als ein Einheitserlebnis, das ich schon als Fünfjähriger völlig ohne irgendeinen Schimmer von etwas hatte (und genug andere Menschen übrigens auch), dann denke ich mir, dass in den östlichen Religionen offenbar auch niemand Ahnung davon hat, um was es hier überhaupt geht. Die Zwischenzeit, bis man etwas mehr peilt, kann man aber super nutzen, um Tempel zu bauen, sich eine Ordensuniform zusammen zu frickeln und eine Menge Suchende mit möglichst viel diffusem Schund abzuspeisen. Gibt's wahlweise auch in der klassisch-christlichen oder der weißgerobten Druidenvariante.
Okay, ich bin vielleicht ein bisschen zu hart.
Tatsache ist, der Blick über den Tellerrand ins Land der aufgehenden Sonne hat mich mal wieder dazu gebracht, darüber nachzudenken, was eigentlich der Zweck einer Religion oder eines spirituellen Weges ist. Besonders wir Langzeit-Angekommenen (in unserer jeweiligen Tradition) haben ja die Tendenz, nach ein paar Jahren zu vergessen, um was es uns ursprünglich eigentlich ging. 
Jepp, ich bekenne mich schuldig. Nachdem ich ein paar Jahre in ödesten Wicca-Ritualen so etwas wie echte Spiritualität  zu entdecken gehofft hatte, ohne auf die Idee zu kommen, dass es vielleicht doch nur Ringelpiez mit Anfassen ist, traue ich mir inzwischen jede Form von Verblendung zu.

Okay, zurück zum Thema: Was ist der Sinn von Religion? Und was ist der Sinn eines naturspirituellen Weges?
Es ist schon interessant. Alle Welt scheint ein Riesenproblem mit sich und der Welt zu haben, wie sonst könnte man sich erklären, dass Christen, Juden, Moslems allesamt auf das Diesseits scheißen und auf den Hauptpreis im Jenseits hoffen, und die östlichen Religionen allesamt besessen davon zu sein scheinen, ihr Leiden zu beenden indem sie vom Rad der Wiedergeburt abspringen?
Westlichen Neuheiden scheint das nicht zu kratzen. Leiden? I wo. Erleuchtung? Brauch ich nicht, solange ich Kekse zu Beltane habe.
Mal ehrlich - und ich meine das durchaus ernst, auch wenn ich gerade alle anderen Wege gehörig durch den Kakao ziehe: Was ist eigentlich der Endzweck im modernen westlichen Neopaganismus? Was erhoffen wir uns von unserem Weg? Auf Gehorsam vor den Göttern holen sich offenbar nur noch einige Asatruar einen runter und Erleuchtung ist bei uns in etwa so verpönt wie Heino bei Musikliebhabern.
Also: Was ist der Sinn eines heidnischen spirituellen Weges wie Druidentum, Wicca oder Schamanismus? Ich habe ein paar Vermutungen, aber vielleicht begegnen mir noch ein paar weitere Denkanstöße bis zum zweiten Teil dieses etwas ungezogenen Artikels.

Vorerst lehne ich mich selbstgefällig mit meinem Kaffee zurück, und freue mich, dass es zumindest wohl nicht um Gottesfurcht oder irgendein anderes Programm der Wachturmgesellschaft geht. Oder etwa doch? Vorsichtshalber teile ich meinen letzten halben Keks mit meiner kleinen Bronze-Freya. Mist... Götzendienst. Auch so ein Thema. Den Weg zum Himmel habe ich mir damit wohl versaut.

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